07.10.2010
Pflegekammern - neue Spielwiese für Freunde des Kammerzwangs
Bundesweit gibt es seit Jahren Initiativen zur Einführung von Pflegekammern mit Zwangsmitgliedschaft. Vereine und Verbände, die sich davon eine Verbesserung der Situation der Pflege versprechen, trommeln landauf und landab für dieses Modell. Diverse Internetdomains sind schon reserviert und warten auf den Vollzug.
Aus Sicht des bffk kann es nicht um die Kritik, die es auch aus dem Bereich der Pflege, der Gewerkschaften an diesem Modell gehen. Der bffk kann und will nicht beurteilen, ob Pflegekammern hier eine Verbesserung bringen. Allerdings können wir darauf hinweisen, was für ein Instrument benutzt wird, wenn mit einer Zwangskammer hier operiert werden soll.
Kai Boeddinghaus, bffk-Geschäftsführer, war am 12. 05. 2010 als Experte zu diesem Thema zu einer Anhörung des Sozialausschusses des niedersächsischen Landtages eingeladen. Hier hat die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Pflegekammer vorgelegt. Bemerkenswert war für den bffk-Geschäftsführer der Umstand, dass sich in Hannover anscheinend niemand zuvor darüber Gedanken gemacht hatte, dass eine Zwangskammer einen Grundrechtseingriff bedeutet. Einen solchen Grundrechtseingriff aber gilt es zu rechtfertigen. Zu einer solchen Rechtfertigung müsste aus Sicht des bffk gehören, dass es zur Verbesserung der Situation in der Pflege keine Alternativen gibt als die Einführung dieses Zwangskammersystems. Daran dürfen erhebliche Zweifel bestehen, da es gerade aus dem Arbeitnehmerlager - und es soll ja auch besonders um die Verbesserung der Situation der Beschäftigten gehen - erhebliche Vorbehalte geäußert werden. Auf diesem Hintergrund gab der bffk-Geschäftsführer eine kritische Würdigung des Gesetzentwurfes vor.
Ein Blick in den Gesetzentwurf macht zudem deutlich, dass die negativen Erfahrungen mit dem Zwangskammersystem in Deutschland hier nirgendwo zu Verbesserungen führen soll. Weder wird die Ungleichheit zwischen einzelnen Pflegekräften und Pflegefirmen ausreichend berücksichtigt, noch finden sich notwendige Auflagen zur Transparenz (Gehälter, Aufwandsentschädigungen, Veröffentlichungspflicht von Bilanzen) in dem Entwurf. Auch im niedersächsischen Gesetzentwurf wird die Fiktion eines "Gesamtinteresses" gepflegt.
Der bffk lehnt die Einführung einer Pflegekammer nicht ab. Sehr wohl aber die Einführung einer Pflegekammer mit Zwangsmitgliedschaft. Denn auch für die Pflege gilt: DEMOKRATISCHE KAMMERN BRAUCHEN KEINEN ZWANG!