Erneute Demonstration gegen die Pflegekammer in Mainz
55 Pflegekräfte haben am 17.11.15 vor dem Abgeordnetenhaus des Landtages in Mainz gegen die Zwangsmitgliedschaft in den Pflegekammern demonstriert. Aufgerufen hatte dazu die Liste »Pflegekammern ohne Zwang«, die eigentlich zur Wahl in der Vollversammlung antreten wollte, jedoch wie viele weitere Listen an der extrem hohen Anzahl von 150 Unterstützerstimmen gescheitert war. Zum gleichen Zeitpunkt tagte der Petitionsausschuss zu diesem Thema.
Der Frust bei den Pflegekräften war nicht nur inhaltlich hoch, hatten bereits im Vorfeld etliche ihre Teilnahme abgesagt, aus Angst vor Repressalien durch ihre Vorgesetzten. Immer wieder erhielten die Initiatoren die Aussage, dass sich die Vorgesetzten und Pflegedienstleitungen bereits zur Wahl in die Vollversammlung aufgestellt hatten. Daher habe man Sorge um die eigene berufliche Existenz, wenn man sich kritisch zur Zwangskammer äußert.
Diese Angst zeugt auch von der Absurdität der Pflegekammer, wenn sich in einem Gremium Vorgesetzte und lohnabhängig Angestellte gegenübersitzen sollen, um ihre Interessen einzubringen.
Der lautstarke Protest durch Trillerpfeifen und Aufforderungen per Megafon veranlasste die Landtagsabgeordnete und stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, Kathrin Anklam-Trapp, zu den Demonstrierenden zu kommen. Doch statt von der ehemaligen Berufskollegin Unterstützung zu erhalten, wurden die Pflegekräfte enttäuscht. Sie rechtfertigte nur die Einrichtung der Zwangskammer und begründete das mit der Umfrage, die einige Jahre zuvor gelaufen war. Kritik lies sie nicht gelten. Hinweise, dass die Umfrage nur eine Scheinumfrage war, bzw. jede Form der Kritik schmetterte sie nur mit einem rhetorischen »Da bin ich anders informiert ab.«. Angeblich war sie selbst gegen eine solche Zwangskammer - warum sie ihre Funktion nicht eingesetzt hat, um zumindest die einseitige Informationspolitik der Landesregierung zu verhindern, erklärte sie nicht. Das immer noch gut ein Drittel der Pflegekräfte nicht an der Zwangsregistrierung teilgenommen haben und damit eine Wahl inhaltlich gar nicht vernünftig durchführbar ist, ignorierte sie einfach.
Trotz mehrfacher Nachfragen eines Teilnehmers war sie nicht in der Lage zu erklären, welche Funktionen und Aufgaben die Pflegekammer überhaupt hat.
Jede Kritik wehrte sie damit ab, dass die Pflegekräfte ja jetzt selbst entscheiden können, wie sie es mit ihrem Beruf halten. Selbst, dass es noch nicht einmal bekannt ist, wie hoch die Kosten für die Pflegekräfte sind, schmetterte sie mit der Selbstverwaltung ab.
Sehr deutlich gab sie zu erkennen, dass sich die Politik aus der Verantwortung für den Pflegeberuf zurückzieht. »Die Pflege« (wer immer das auch ist oder war) hätten die Kammer gewollt und müsste sich jetzt damit auseinandersetzen.
Am Ende wurde es doch noch parteipolitisch. Auch wenn ein Teilnehmer im Namen der Anwesenden es sehr positiv hervorhob, dass sich Frau Anklamm-Trapp überhaupt zu den Demonstranten begeben hatte, so sprach er seine Enttäuschung sehr deutlich aus: »Von allen Parteien hätte er so etwas erwartet, aber nicht ausgerechnet von der SPD.«
Die Teilnehmer verließen die Demonstration mit dem bitteren Gefühl, das die Politik sich einfach aus der Verantwortung, sowohl für die Pflege allgemein als auch für die Pflegekammer, stehlen möchte. Von der Politik ernst genommen fühlte sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht.
Es war ein Lehrstück, wie man Politik- aber auch Demokratieverdrossenheit fördert.
Insgesamt 55 Teilnaher schafften es am frühen Dienstagmorgen, vor das Abgeordentehaus in Mainz zu kommen. Die hier genannte Zahl von 30 kann guten Gewissens korrigiert werden.