Rheinland-Pfalz: 13% sind eine überwältigende Mehrheit ...
Wie zu erwarten, führte die Umfrage zur Einführung einer Pflegekammer mit Zwangsmitgliedschaft in Rheinland-Pfalz zum geplanten Ergebnis und wurde als voller Erfolg für die Initiatoren gefeiert.
Mit dem Wissen, das diese Umfrage nur eine Farce war, erscheint die Darstellung der Politik in einem ganz anderen Licht.
Die Modalitäten und eingebauten Hürden der Umfrage waren auf das gewünschte Ergebnis zugeschnitten. Die Pflegekräfte, welche sich an der Umfrage beteiligen wollten, mussten sich zuerst online registrieren. Danach erhielten sie Unterlagen, die von Ihren Arbeitgebern bestätigt werden mussten. Erst dann konnten sie an der Umfrage teilnehmen.
Der Kammerzwang findet außerhalb und unabhängig von einem Arbeitsverhältnis im Pflegeberuf statt und aht damit nichts mit einer Anstellung zu tun. Doch darum ging es den Initiatoren gar nicht. Jeder der in der Pflegebranche arbeitet weiß, Pflegepersonal ist ein sehr unpolitisches Klientel, welches sich berufspolitisch kaum engagiert. Somit war zu erwarten, dass die wenigsten Pflegekräfte sich registrieren lassen, geschweige denn, mit einem solchen Schreiben zu ihren Vorgesetzten gehen und sich dort als berufspolitisch interessierte Personen »outen«. Dass hier die Vorgesetzten als psychologische Hürde eingebaut wurden, kann man mit beruflichen Insiderkenntnissen getrost als Kalkül betrachten. Was geht es den Arbeitgeber an, dass sich ein/e Arbeitnehmer/in an einer berufspolitischen Abstimmung beteiligt, die nichts mit dem Angestelltenverhältnis zu tun hat? Diese unbequeme Frage wurde nicht gestellt. Aber erst mit einem solchen »Stempel« konnte man an der Abstimmung teilnehmen.
Der Abstimmungszeitraum war in die ersten drei Monate des Jahres gelegt worden. Das eine solche Abstimmung stattfindet, musste man aus der Presse entnehmen. Wie wir aus Gesprächen mit Betroffenen erfuhren, haben viele gar nicht oder erst sehr spät etwas von dieser Abstimmung mitbekommen. Auch haben einige Betroffene beklagt, dass eine neutrale Information über den geplanten Kammerzwang nicht stattgefunden hat. In einigen Fällen hätten die Vorgesetzten sogar kritische Informationen nicht geduldet.
Bei einem echten Interesse an der Meinung der Pflegekräfte hätte die Landesregierung (nebst unterstützender Opposition) dafür sorgen müssen, dass alle Betroffenen informiert und mit möglichst wenigen Hürden an der Umfrage teilnehmen können. Wäre es tatsächlich um einen demokratischen Entscheid gegangen, so hätten die Initiatoren auch die Argumente der Zwangskammergegner in ihr aus Steuergeldern finanziertes Informationsmaterial aufnehmen müssen. Das war nicht im Sinne der Auftraggeber, denn diese Umfrage sollte ja nur den längst beschlossenen, eklatanten Grundrechtseingriff von Landesregierung und Opposition rechtfertigen. Die Landesregierung hatte bereits im Vorfeld mitgeteilt, dass sie sich an kein Ergebnis der Umfrage gebunden fühlt.
Durch diese geschickte Steuerung haben rund 80% der Pflegekräfte an dieser Abstimmung gar nicht teilgenommen. Man kann davon ausgehen, dass in erster Linie die Initiatoren, welche sich die Kammern auf Kosten der Pflegekräfte einrichten lassen wollen, die Umfrageergebnisse dominiert haben. Diese konnten sich im Zweifelsfall sogar die Registrierungen selbst abstempeln.
Auch wenn man voraussetzt, dass alle Pflegekräfte entsprechend informiert waren, würde das Ergebnis bedeuten: 80% der Betroffenen haben kein Interesse an dem Thema Pflegekammer! Weitere 7% haben die Pflegekammer abgelehnt, und nur 13% haben ihr zugestimmt.
Eine überwältigende Mehrheit?