Bundesverband für freie Kammern e.V. Phantomverein Bundespflegekammer

26.09.2024

Phantomverein Bundespflegekammer

Zu den Träumen pflegerischer Berufsvertretung durch Zwangskammern gehört von jeher die Einrichtung einer Bundespflegekammer. Im Juni 2019 wurde dafür mit der Gründung einer sogenannten Pflegekammerkonferenz von den damals existierenden Landespflegekammern in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein der Grundstein gelegt. Mitmachen durfte dabei der auf freiwilliger Mitgliedschaft basierende Deutsche Pflegerat (DPR). Nicht mitmachen durfte die ebenfalls auf der Basis freiwilliger Mitgliedschaft organisierte Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB), die de facto ebenfalls eine Pflegekammer ist, aber eben ohne Zwangsmitgliedschaft. 
In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen standen die Gründungen von Zwangspflegekammern vor der Türe. Die Hoffnungen tatsächlicher und potentieller Kammerfunktionäre waren groß. Mittlerweile ist Pflegekammerland ziemlich abgebrannt. Die Pflegekammern in Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind längst wieder abgewickelt. Die Pflegekammer in Rheinland-Pfalz produziert statt einer Verbesserung der Pflege eine negative Schlagzeile nach der anderen. Seitdem auch die Gründung einer solchen Zwangspflegekammer in Baden-Württemberg spektakulär gescheitert ist, gibt es bundesweit neben der Skandalkammer in Mainz nur noch die mittlerweile tatsächlich gegründete Kammer in NRW. Dass nach dem Gründungsdesaster in Baden-Württemberg Landespolitiker besonders motiviert sind, auch andernorts solche Kammern zu gründen, darf bezweifelt werden.

So sitzt nun also in Berlin die im September 2020 ins Vereinsregister eingetragene Bundespflegekammer – wie es aussieht – mit nur noch zwei Mitgliedern, nachdem der DPR wieder ausgeschieden ist. Nach außen – glaubt man dem Internetauftritt  - eine machtvolle Vertretung von Vielen. Gleich zu Beginn werden imposante Zahlen genannt: 1,2 Millionen Pflegefachkräfte in Deutschland, 20 Millionen Pflegeempfänger und 80 Millionen Menschen in Deutschland (im Prinzip also die ganze Bevölkerung), die von der Pflege irgendwie profitieren – für sie alle will die Bundespflegekammer sich einsetzen. Zur Bundestagswahl im Jahr 2021 wurde eine 22seitige Broschüre mit Forderungen zur Bundestagswahl herausgegeben.

Was aber ist das eigentlich für ein Verein. Ein Blick hinter die Kulissen fördert erstaunliche zutage.

Das beginnt mit der Satzung. Auf der Internetseite findet sich eine undatierte Satzung, die zwar nicht unterzeichnet ist, aber die Namenszüge der vier Gründungsvorstände trägt. Laut Vereinsregister soll diese Satzung wohl vom 23. Juni 2020 sein. Danach, so verrät das Register, gab es Satzungsänderungen am 18. August 2020 und 22. April 2021. Die aktuelle Satzung veröffentlicht die Bundespflegekammer aber nicht.

Nach der Liquidation der Pflegekammern in Niedersachsen und Schleswig-Holstein kam dann zwar die neue Pflegekammer in NRW dazu. Die Mitgliedschaft des Deutschen Pflegerates aber gehört zu den Mysterien des Vereins. Denn der ehemalige Präsident des DPR Franz Wagner wurde laut Vereinsregister zwar durch seine Nachfolgerin Christine Vogler als Sprecherin ersetzt. Im Impressum der Bundespflegekammer aber sind aktuell nur zwei Präsidiumsmitglieder angegeben. Ist der DPR also überhaupt noch Mitglied? Diese Frage führt zu zwei weiteren Mysterien der Bundespflegekammer. Zum Einen schreibt die Satzung – zumindest in der veröffentlichten Form – in § 9 Absatz 1 ausdrücklich vier Mitglieder vor. Im Impressum stehen aber nur zwei – der Präsident aus Rheinland-Pfalz und die Präsidentin aus NRW. Die Präsidentin des DPR wird dort gar nicht erwähnt. Und noch bemerkenswerter ist zum Anderen der Umstand, dass die ehemaligen Präsidentinnen der längst aufgelösten Pflegekammern in  Niedersachsen und Schleswig-Holstein neben der aus dem Impressum getilgten Präsidentin des DPR im Vereinsregister bis zum heutigen Tage ganz offiziell als Sprecherinnen – sprich Präsidiumsmitglieder – vermerkt sind.

Die Bundespflegekammer ist also ein Verein, der seine aktuelle Satzung vor der Öffentlichkeit verbirgt und nach außen von zwei Personen vertreten wird, obwohl dies nach der veröffentlichten Satzung vier Menschen sein müssen. Ein Verein, der möglicherweise überhaupt nur noch zwei Mitglieder – die Pflegekammern in NRW und Rheinland-Pfalz – hat, was gemäß § 73 BGB zum Entzug des Rechtsfähigkeit führen müsste. Und ein Verein, der dem Vereinsregister seit fast 3 Jahren das Ausscheiden von mindestens zwei Sprecherinnen nicht gemeldet hat.

Was die Bundespflegekammer aber hat, ist Geld. Denn aus NRW und Rheinland-Pfalz fließen jedes Jahr immer noch Zehntausende Euros nach Berlin. Wofür auch immer. Denn Haushaltspläne, Jahresabschlüsse und Verwendungsnachweise sucht man zur Mittelverwendung bei der Bundespflegekammer vergeblich.