Kammerchefs – skandalöse Geschäftemacherei statt Pflegeförderung
Glaubt man den Kammerfunktionären, so ist die Tätigkeit für eine Kammer, ob im Haupt- oder Ehrenamt, zeitintensiv und anspruchsvoll.
Die Pflegekammer Rheinland-Pfalz offenbart einen schonungslosen Blick hinter die Kulissen. So haben Recherchen des bffk eine intensive gemeinsame Nebentätigkeit des Geschäftsführers und seines Verwaltungsleiters zutage gefördert. Hauptbeschäftigung – Nebenbeschäftigung
Als Geschäftsführer und Abteilungsleiter sind beide im Hauptberuf für die Pflegekammer Rheinland-Pfalz tätig. Ab April 2021 haben beide die Firma resQM GmbH gegründet, die unter dem Markennamen testeval eine höchst umfassende gewerbliche Aktivität begonnen hat. Sage und schreibe 14 Corona-Test-Zentren betreiben die Kammer-Chefs gemeinsam mit einem Kompagnon. Während der aber nur als Gesellschafter dabei ist, liegt die Geschäftsführung der rührigen Testfirma in den Händen der Kammer-Funktionäre. Die Firma betreibt aber nicht nur die Testzentren. Darüber hinaus wird auch Hilfestellung beim Aufbau von Testzentren geleistet, es werden Software-Lösungen und Testungen vor Ort angeboten. Wer jemals eine Firma gegründet hat, weiß wie verantwortungsvoll, zeitintensiv und beanspruchend unternehmerische Verantwortung ist. Bei 14 Testzentren, die an 6 – 7 Tagen je Woche geöffnet sind, haben die beiden Kammer-Funktionäre als Geschäftsführer Personalverantwortung für gut und gerne 20 bis 30 Mitarbeiter*innen.
Zu den Regeln der Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst gehört, dass diese zumindest anzeigepflichtig ist. Zu den Regeln gehört aber auch, dass die Summe der Arbeitszeit von Haupt- und Nebentätigkeit die gesetzliche Höchstgrenze von werktäglich acht Stunden im Durchschnitt nicht überschreiten (§ 3 ArbzG) darf. Dass eine Vollzeitbeschäftigung bei der Pflegekammer kombiniert mit einer anspruchsvollen unternehmerischen Tätigkeit zeitlich weit über diesen Vorgaben liegt, ist offenkundig. Dass beispielsweise der Verwaltungsleiter zudem als Ehrenbeamter auch noch als Organisationsleiter des Rettungsdienstes der Stadt Kaiserslautern aktiv ist, kommt noch dazu. Ganz offensichtlich haben die beiden hauptberuflichen Pflegekammer-Funktionäre der Versuchung nicht widerstehen können und haben sich einen zweiten anspruchsvollen Hauptberuf zugelegt. Angesichts der erheblichen Beanspruchungen einer selbstständigen Tätigkeit – gerade in der Gründungsphase – muss befürchtet werden, dass die Jobs bei der Pflegekammer eher zur Nebenbeschäftigung geworden sind. Compliance
Der Geschäftsführer der Pflegekammer ist Dienstvorgesetzter des Verwaltungsleiters. In der Firma resQm GmbH sind beide gleichberechtigte geschäftsführende Gesellschafter. In dieser Konstellation kann keine Rede davon sein, dass der Geschäftspartner gleichzeitig als Vorgesetzter unbeeinflusst die Interessen der Pflegekammer durchsetzen kann. Anrüchig ist ebenfalls, dass die beiden Pflegekammer-Funktionäre als „Kriegsgewinnler“ genau in dem Geschäftsfeld ordentlich Kasse machen wollen, in dem sie auch in ihrem Hauptberuf unterwegs sind. Die Ausreden
Wie immer sind die Verantwortlichen um Ausreden nicht verlegen. Der Präsident der Pflegekammer teilt mit:„Herr M. hat die Nebentätigkeiten ordnungsgemäß angezeigt. Aus arbeitsrechtlicher Sicht liegt kein Grund vor, die Nebentätigkeit zu untersagen die ja im Grunde erst einmal nur anzeigepflichtig ist. Nach meiner Einschätzung ist Herr M. seiner Aufgabe und Tätigkeit für die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz zu jeder Zeit, seit dem er bei uns beschäftigt ist, auch deutlich über das normale Maß hinaus, nachgekommen. Auch aus diesem Grund bestand zu keiner Zeit die Notwendigkeit, die ausgeübte Nebentätigkeit in Zweifel zu stellen.“Übersetzt heißt das. Ich weiß nichts und wollte auch nichts wissen. Von der Nebentätigkeit seines Verwaltungsleiters, der ungesunden Nähe zwischen hierarchischem Dienstverhältnis und Geschäftspartnerschaft ist ebenso wenig die Rede wie davon, ob es eigentlich im Sinne der Pflegekammer sein kann, wenn die hauptamtliche Spitze mit der Corona-Pandemie ordentlich Kasse machen will.Auch der Geschäftsführer sieht natürlich keine Probleme. Er lässt wissen: „...impfen und testen gehört zu den Hauptsäulen der Pandemiebekämpfung und stellt somit einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft da“ (Rechtschreibfehler in der Stellungnahme)Der, der so formuliert, investiert Zeit und Energie aber nicht, um für die Teilnahme an Impfungen und Testungen zu werben. Der, der so schreibt, investiert Zeit und Energie, um mit seinen Geschäftsfreunden mit Impfungen und Testungen ordentlich Kasse zu machen.Die Konsequenzen
Wenn Anstand und (Berufs-)Ehre in den Kammern tatsächlich einen Stellenwert hätten, wären Präsident, Geschäftsführer und Verwaltungsleiter nicht zu halten. Ein Präsident, der intensiv wegschaut und dann die Hände in Unschuld wäscht. Ein Geschäftsführer und Verwaltungsleiter, die skrupellos ihre Geschäftemacherei als altruistische Pandemie-Bekämpfung verkaufen und sich dabei genauso skrupellos bei der Pflegekammer schadlos halten.
Gefragt wären also die Kammerversammlung und die Rechtsaufsicht, wenn die Betroffenen den Anstand nicht aufbringen. Zu erhoffen ist aber auch von dort wohl eher nichts.
Lesen Sie auch "Pflegekammer Rheinland-Pfalz - interne Zahlen belegen Widerstand der Zwangsmitglieder"