Pflegekammer Rheinland-Pfalz – ohrenbetäubendes Schweigen
Was macht ver.di?
Nach konkreten Hinweisen hat der bffk vor einigen Tagen nach umfangreichen Recherchen über die ausschweifenden Nebentätigkeiten des Geschäftsführers und Verwaltungsleiters der Pflegekammer Rheinland-Pfalz berichtet. Kurz zusammengefasst haben die beiden Herren – neben ihrer Vollzeittätigkeit bei der Kammer – als geschäftsführende Gesellschafter seit Anfang 2021 ein Unternehmen aufgebaut , das an 14 Standorten mit über 200 Mitarbeiter*innen Corona-Tests anbietet und damit im vrs. siebenstelligen Bereich Umsätze generiert.
Ganz abgesehen davon, dass bei einer solchen verantwortungsvollen und fordernden Tätigkeit keine Rede mehr von einer „Nebentätigkeit“ mehr sein kann – immerhin geht es für beide Kammerfunktionäre als Gesellschafter der Firma ja auch um das eigene Geld, hat der bffk auf verschiedene Interessenkonflikte hingewiesen. Denn einerseits sind die beiden Kammerfunktionäre in einem Geschäftsfeld unterwegs, das zumindest ihre berufliche Sphäre berührt bzw. überschneidet. Andererseits begegnen sich die beiden Herren privat als geschäftliche „Buddies“ während es zwischen ihnen in der Kammer ein hierarchisches Verhältnis gibt.
Dies alles vor dem Hintergrund, dass hier der Geschäftsführer und der Verwaltungsleiter einer Kammer auf Nebenwegen unterwegs sind, die bis heute im Bereich der Verwaltungsleistung eher durch Versäumnisse auffällig geworden ist.
Der bffk hat nach der Berichterstattung bei Parteien, Verbänden, Gewerkschaft, Initiativen und auch im Ministerium und der Pflegekammer selbst um Stellungnahmen gebeten. Das Schweigen ist ohrenbetäubend. Die Pflegekammer hält eine Beantwortung von Fragen nach der Vereinbarkeit von Haupt- und Nebentätigkeit und den offenkundigen Compliance-Problemen ebenso für entbehrlich wie das mit der Aufsicht beauftragte Ministerium. Aus den Parteien hat der bffk dürre Stellungnahmen erhalten. Die CDU lässt mitteilen, man werde „dies in unserer Fraktion umfassend besprechen.“. Die SPD antwortet im Auftrag der Fraktionen der Ampel-Koalition und erklärt, dass „zu den geschilderten Vorgängen keine tiefergehenden Erkenntnisse vorliegen.“ Ansonsten wird an das Ministerium verwiesen, was ja eine Antwort nicht für nötig erachtet.
Interessant ist auch die Reaktion der Gewerkschaft ver.di, die immerhin mit gleich zwei durchaus kammerkritisch aufgestellten Listen zur Wahl in der Pflegekammer angetreten ist und dort ja immerhin 21 Delegierte stellt. Es gibt nämlich keine Reaktion. Auf mehrfache Nachfrage hat der bffk dann von der ver.di-Fraktion in der Kammerversammlung immerhin dies in Erfahrung bringen können: „die Fraktion möchte Herrn M. und Herrn E. die Gelegenheit geben, sich auf der kommenden VV zu erklären. Bis dahin wird es keinerlei Verlautbarungen unserseits geben.“
Eine tatsächliche Stellungnahme gab es am Ende nur von der Wahlliste „Pflegekammer ohne Zwang“, die ebenfalls mit 10 Mandaten in der Kammerversammlung vertreten ist. Die Wahlliste sieht die sogenannten Nebenbeschäftigungen vor dem Hintergrund der mangelhaften Verwaltungsleistung kritisch. Erinnert wird daran, dass im Rahmen der letzten Kammerversammlung sehr sehr deutlich wurde, „dass weder Kammer/- noch Geschäftsführung auch nur annähernd bereit sind in irgend einer Weise Verantwortung zu übernehmen.“ Dabei beschränkt die Wahlliste die Kritik nicht nur auf die sogenannten Nebenbeschäftigungen und bezweifelt, „dass die Arbeit für die Landespflegekammer durch diese Nebentätigkeit unbeeinflusst bleibt.“ Gefragt wird auch nach der Verantwortung hinsichtlich der Duldung bzw. der Frage nach möglichen Gründen, diese Nebenbeschäftigungen ggf. zu untersagen. Und schlussendlich nimmt die Wahlliste „Pflegekammer ohne Zwang“ den Vorfall zum Anlass um die Einführung eines Compliancekodex zu fordern.
Für den bffk ist das Schweigen der Verantwortlichen entlarvend. Dass die Kammer mit ihren haupt- und ehrenamtlichen Funktionären versagt, ist weder überraschend noch neu. Dass Kammerfunktionäre alles mitnehmen, was mitzunehmen ist, ist ebenso schlechter Standard in der Kammerwelt. Auch die selbstverständliche Missachtung von Compliance-Regeln ist leider genauso selbstverständlich wie das Versagen und Stillhalten der Rechtsaufsicht. Die Parteien und Fraktionen, die die Pflegekammer einst an- und den Pflegekräften untergeschoben haben, wollen nun mit dem Ergebnis nichts mehr zu tun haben. Richtig überraschend ist bei allem, die völlige Leblosigkeit von ver.di. Wer dachte, dass die nach den Wahlen erheblich gestärkte ver.di-Fraktion nun wirklich auch sichtbar ihrer Wächteraufgabe nachkommt und öffentlich und wirksam für eine Aufarbeitung dieses Skandals sorgt, sieht sich enttäuscht. Das gilt umso mehr als nach Informationen des bffk das Thema der Nebenbeschäftigungen, zu dem die ver.di-Fraktion zunächst den Betroffenen die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen möchte, gar nicht auf der Tagesordnung der nächsten Kammerversammlung am 22. März 2022 auftaucht.