13.04.2010
IHK-Chef darf nicht mehr auf die Fähre
Der ungebremste Mitteilungsdrang der Kammern "im Namen der Wirtschaft" ist ein Grund, warum viele Unternehmerinnen und Unternehmer aus dem Kammerzwang heraus wollen.
Zwei aktuelle Beispiele machen den Unsinn "der Gesamtvertretung" der Interessen der im Kammerbezirk vertretenen Unternehmen mal wieder deutlich.
Da ist zum Einen der lautstarke Einsatz des Hauptgeschäftsführers der IHK Stade für eine weitere Elbuntertunnelung. Ein solches Projekt wäre für die dortigen Fährbetriebe mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern grob geschäftsschädigend. Verständlich, dass sie also derartige Propaganda gegen das eigene Unternehmen nicht auch noch finanzieren wollen. Und auf welch hohem Ross sich die IHK-Funktionäre wähnen, zeigt die Äußerungen, eine Kündigung sehe man gelassen, weil es ja die Pflichtmitgliedschaft gebe. Warum sich also Mühe geben, Rücksichten nehmen. Am nächsten Jahresanfang muss verlässlich wieder gezahlt werden.
Nun zumindest hat der vorlaute IHK-Geschäftsführer jetzt Hausverbot auf einer Fähre.
Das andere Beispiel findet im Umweltausschuss des DIHK in Berlin zzt. statt. Zum Hintergrund: die Mitglieder der Ausschüsse des DIHK werden nicht etwa aus den verschiedenen Kammerbezirken in diese Ausschüsse gewählt. Stattdessen wählen die Kammerfunktionäre sich diese Mitglieder exklusiv und handverlesen für diese Mitgliedschaft aus und schon die Nachfrage, wer da eigentlich "die Meinung der Wirtschaft" in den Berliner DIHK-Ausschüssen vertritt, führt zu Irritationen.
Der Umweltausschuss plant aktuell eine Stellungnahme zur Energiepoltik, die Firmen aus dem Bereich der regenerativen Energien als "Attacke gegen das EEG (Erneuerbare Energiengesetz)" bezeichnen.
In beiden Fällen kann es aus Sicht des bffk nicht darum gehen Position für oder gegen das eine oder andere Projekt zu beziehen. Hinzuweisen ist aber auf zwei durchgehend problematische Aspekte
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Die Vorstellung, die Interessen "der Wirtschaft" und dann noch in einem eher willkürlich begrenzten Kammerbezirk ließen sich in einer Gesamtvertreung artikulieren, ist absurd und realitätsfern. Gerade aber die angebliche Notwendigkeit dieser Gesamtvertretung ist ein Pfeiler des Kammerzwanges. Dass beitragszahlende Firmen grob geschäftsschädigende Äußerungen oder Handlungen "ihrer" Kammer mitfinanzieren sollen, kommt erschwerend hinzu.
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Es ist festzustellen, dass in keiner IHK die inhaltlichen Positionen, die dann "im Namen der Wirtschaft" vertreten werden in demokratischen und transparenten Verfahren erarbeitet werden, bevor sie dann Verbreitung finden. Wenn schon hochrangige Kammerfunktionäre selber zugeben, dass ihre Organisationsform nicht dem Demokratieprinzip unterliegen (1), erübrigen sich alle weiteren grausamen Detail-Schilderungen pseudo-demokratischer Abläufe in den Kammern.
(1) Die Wahl zur Vollversammlung der Industrie- und Handelskammern, Hrsg. DIHK, März 2002; SR 462; S.39