30.09.2015
Aufwandsentschädigungen werden noch teurer – Urteil des LandessozialgerichtesEin aktuelles Urteil des Landessozialgerichtes (L 5 KR 125/13 vom 25. Juni 2015) in Schleswig-Holstein verspricht enorme Nachzahlungsforderungen der Sozialkassen gegenüber vielen Kammern aber auch Kreishandwerkerschaften. Lediglich die Industrie- und Handelskammern, in denen die Zahlungen von Aufwandsentschädigungen nicht üblich ist, werden sich beruhigt zurücklehnen können. Worum geht es?
Über die ausufernde Selbstbedienungsmentalität vermeintlich ehrenamtlicher Kammerfunktionäre, die tatsächlich enorme Aufwandsentschädigungen kassieren, haben wir hier schon oft berichten müssen. Im Handwerk und den Berufsständischen Kammern sind jährliche Aufwandsentschädigungen im hohen 5-stelligen Bereich keine Seltenheit. So kassierte der Präsident der Zahnärztekammer Berlin bereits im Jahr 2010 jährlich 45.000,00 €. Der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer ließ sich das „Ehrenamt“ schon 2006 mit 54.000,00 € jährlich versüßen. Warum gerade die Funktionäre der Psychotherapeuten so hinlangen, muss an anderer Stelle geklärt werden. Tatsächlich aber muten die 24.000,00 €, die der Präsident der Rechtsanwaltskammer Thüringen im Jahr 2010 kassierte dagegen eher ärmlich an.
Dass aber auch bei den Kreishandwerkerschaften gerne zugelangt wird, stellte der Skandal um den ehemaligen Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Heilbronn-Öhringen unter Beweis, der bei 25 Wochenstunden auf mehr als 80.000,00 € jährlich kam. Ob seine ehrenamtlichen Funktionäre bescheidener waren, darf zumindest gehofft werden.Bekannt sind deutliche Einschnitte bei den Aufwandsentschädigungen lediglich aus dem Handwerk in Niedersachsen, wo die Rechtsaufsicht nach diversen Skandalen intervenierte. Überwiegend scheinen sich die Erkenntnisse eines Gutachten von Prof. Dr. Röger im Auftrag der Rechnungsprüfungsstelle der IHKn aus dem Jahr 2014, dass eine Aufwandsentschädigung keine Entschädigung für einen Verdienstausfall darstellen darf, sich in kaum einer Kammer durchgesetzt haben. Dagegen sprechen die überwiegend immer noch viel zu hohen Pauschalen, die keinesfalls einen realen Aufwand abbilden dürften.Mit der Entscheidung des Landessozialgerichtes aber, für das eine Revision nicht zugelassen wurde, drohen vielen dieser Organisationen nun erhebliche Nachforderungen der Sozialkassen. Denn das Gericht hat entschieden, dass die Zahlung solcher Aufwandsentschädigungen sozialversicherungspflichtig ist. Geklagt und verloren hatte hier eine Kreishandwerkerschaft. Das Urteil ist aber nach Meinungen von Experten auf die Kammerorganisation vollständig übertragbar. Da solche Rückforderungen über Jahre gestellt werden können und neben den vielen Kreishandwerkerschaften auch mehr als 200 Kammern zumindest theoretisch bestroffen sind, wird das richtig teuer. Aber wie so oft wird das nicht gierige und unfähige Funktionäre treffen, sondern die Zwangsmitglieder, deren Beiträge dafür zum Einsatz kommen.