Bundesverband für freie Kammern e.V. Juristischer Durchbruch bei der Rückforderung von längst gezahlten IHK-Beiträgen

24.10.2023

Juristischer Durchbruch bei der Rückforderung von längst gezahlten IHK-Beiträgen

In den Anfechtungsverfahren gegen die Beitragsveranlagung durch die Industrie- und Handelskammern sind die Mitglieder des bffk nach wie vor extrem erfolgreich. Neben wenigen Niederlagen in der ersten Instanz, noch weniger Niederlagen in der zweiten Instanz und gar keinen Niederlagen beim Bundesverwaltungsgericht, blickt der bffk auch im Jahr 2023 auf eine lange Liste gewonnener Verfahren. Hintergrund für diese Erfolge war immer der erfolgreiche Nachweis schwerer Verstöße gegen das Staatliche Haushaltsrecht – insbesondere eine rechtswidrige Vermögensbildung – durch die Kammern.
Anders stellte sich dies bislang für all die Fälle dar, in denen versucht wurde, auch Beitragsveranlagungen anzugreifen, die schon Jahre zurückliegen, um sich dann solche Zahlungen aus der Vergangenheit erstatten zu lassen. Ein erster Versuch dazu scheiterte schon im Jahr 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Unter Berufung auf § 48 (1) VwVfG hatten wir versucht, die IHK München rückwirkend zur Aufhebung offenkundig rechtswidriger Beitragsbescheide zu zwingen. Dass dies ein sportliches Unterfangen war, war allen Beteiligten damals schon klar. Die Entscheidung des Bayr. VGH zeigte dann tatsächlich, dass dies kein gangbarer Weg ist. 
Ein weiteres, auf den ersten Blick negatives Urteil hat nun aber den Weg zu einer erfolgreichen Strategie eröffnet. Mit Urteil vom 28. April 2023 hatte es das VG Gelsenkirchen zwar abgelehnt, eine IHK zum Erlass einer abschließenden Verfügung (einer abschließenden Beitragsveranlagung auf der Grundlage der tatsächlichen Gewerbeerträge nach vorherige vorläufiger Schätzung) zu verpflichten. Mit der Begründung aber hat das VG Gelsenkirchen die Tür für erfolgreiche Rückforderungen geöffnet. Denn das Gericht hat festgestellt, dass ein IHK-Mitglied durchaus Anspruch auf eine solche abschließende Verfügung/Abrechnung hat. Da das VG Gelsenkirchen aber erkannt hat, dass nach einem erfolglosen Antrag auf eine solche abschließende Verfügung/Abrechnung der einst vorläufige IHK-Bescheid sich automatisch in eine abschließende Verfügung wandelt, kann und muss ein solcher Anspruch gerichtlich nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden.

Der Weg ist mithin klar und hatte nun in einem ersten Fall auch Erfolg. Ein bffk-Mitglied forderte die IHK Mittleres Ruhrgebiet zunächst im Oktober 2021 auf, für das Jahr 2017 eine abschließende Verfügung zu erlassen. Zu dem Zeitpunkt war der vorläufige Bescheid für das Jahr 2017 natürlich längst rechtslräftig. Nachdem sich die IHK weigerte, weil sie meinte, dazu nicht verpflichtet zu sein, erhob unser Mitglied ebenfalls im Oktober 2021 gegen den ursprünglich längst rechtskräftigen vorläufigen Bescheid aus dem Februar 2017 Klage. Das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen gab nun der beklagten IHK Mittleres Ruhrgebiet einen mehr als deutlichen rechtlichen Hinweis. Einerseits hat das Gericht klar gemacht, dass die Klage zulässig und insbesondere fristgerecht erhoben wurde, weil sich der vorläufige Bescheid vom Februar 2017 durch die Weigerung der IHK im Oktober  2021, einen abschließenden Bescheid zu erlassen, automatisch in einen solchen abschließenden Bescheid verwandelt habe. Mit dem Datum des Zugangs der Weigerung war die Monatsfrist für eine Klage gegen den gewandelten Bescheid vom Februar 2017 erneut eröffnet und die Klage, die auf den ersten Blick wie viel zu spät erhoben, fristgerecht und zulässig. Über die Begründetheit musste dann nicht mehr gestritten werden. Denn selbst der IHK Mittleres Ruhrgebiet ist mehr als bewusst, dass ihre Haushaltsführung und Vermögensbildung im Jahr 2017 rechtswidrig war. Folgerichtig wollte die IHK den Gerichtssaal auch nicht mehr von innen sehen und hat den im Oktober 2021 beklagten Bescheid vom Februar 2017 aufgehoben. Finanziell spart unser Mitglied nun über 1.800,00 Euro. Juristisch ist das ein Durchbruch, der für viele Industrie- und Handelskammern noch richtig teuer werden könnte.