15.12.2015
Offener Brief an das Plenum der Handelskammer Hamburg
Die kürzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Hamburg zum Engagement der Handelskammer beim lokalen Streitthema "Netzrückkauf" hat in der Hansestadt erheblich Wellen geschlagen. Die Reaktion des Kammer-Establishments war dabei eher klassisch. Man sah sich in der Handlungs- (Einmischungs-)Fähigkeit eingeschränkt. Noch bevor überhaupt die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt, wollten einige Mitglieder des Plenums der Handelskammer diese auf eine Fortsetzung der gerichtlichen Auseinandersetzung festlegen. Dabei fällt auf, dass diese Mitglieder des Plenums, die nun ohne besondere weitere Kenntnisse (Urteilsbegründung) belastet, für eine Fortsetzung des Rechtsstreits eintreten, den Kläger als Mitglied einer Partei indentifizieren. Dass er nur als Zwangsmitglied der Handelskammer überhaupt klagebefugt war und ihm aus dieser Mitgliedschaft Rechte erwachsen, ist für diese Herren offensichtlich nicht relevant. In dem Antrag wird dann formuliert, "wenn Plenum und Präsidium bei der Formulierung jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen, dann nimmt das der politischen Interessenvertretung unserer Handelskammer Handlungsfähigkeit und Verständlichkeit". Das wäre ja in der Tat noch schöner, wenn sich die Hamburger Kammerfürsten um die Einhaltung von Recht und Gesetz bemühen, mag man den Herren antworten. Die Autoren des Antrages beklagen "mangels höchstrichterlicher Klarstellungen", dass "niemand in der IHK-Organisation verstehen kann", was erlaubt sei und was nicht. Es drohe ein „Rechtmäßigkeits-Lotto“. Das Problem scheint aber vielmehr zu sein, dass die Herren eben einfach keine Lust haben, die Gesetze einzuhalten. Denn hinsichtlich der Form der Äußerungen hat das Bundesverwaltungsgericht beispielsweise eine klare Ansage gemacht. "Polemisch überspitzte oder auf emotionalisierte Konfliktaustragung angelegte Aussagen", sind unzulässig (BVerwG vom 23. Juni 2010, 8 C 20.09, Rn 33). Basta. Das aber genau passt den Hamburger Herren nicht, die in ihrem Antrag tapfer schwadronieren "Wenn die Kammer sich an den zunehmend emotionalisierten Entscheidungsprozessen in der heutigen Politik – gerade mit Blick auf den steigenden Einfluss von Plebisziten – nur mit technisch-bürokratischen Anmerkungen beteiligen darf, dann macht sie das weniger effektiv und senkt ihren Nutzen für die Mitglieder." Hier geht es also mitnichten um den Mangel an Klarheit und Verständnis der Rechtslage. Hier geht es nur darum, diese nicht respektieren zu wollen.
Unternehmer Dominik Lorenzen hat nun zur letzten Sitzung des Plenums der Handelskammer und zu diesem Antrag daher einen offenen Brief verfasst, der dort durch ein Mitglied der Initiative "Die Kammern sind WIR" verlesen wurde.