23.03.2016
Bundesverwaltungsgericht urteilt über "Sündenregister" des DIHK
Ja, der Vorsitzende Richter bat am Ende der Verhandlung um Nachsicht für seine gelegentlich etwas "schnoddrige" Ausdrucksweise und bezog dies ausdrücklich auf die von ihm gewählte Bezeichnung "Sündenregister" im Bezug auf die diversen wohl auch aus Sicht des Gerichtes unzulässigen öffentlichen Äußerungen des IHK-Dachverbandes DIHK. Gesagt hat er es aber und gemeint wohl auch. Denn als es um die notwendigen Konsequenzen aus dem anhängigen Verfahren ging, sprach der Vorsitzende auch davon, dass der Anspruch auf Austritt einer lokalen IHK aus dem Dachverband DIHK wohl nur zu abzuwehren sei, wenn sich der DIHK als "reuiger Sünder" zeige. Sprich: das höchste deutsche Verwaltungsgericht erwartet erhebliche strukturelle und praktische Veränderungen, mehr Zurückhaltung in der Öffentlichkeitsarbeit des DIHK.
Geklagt hatte ein Windkraftunternehmer, der die IHK Nord Westfalen zum Austritt aus dem DIHK bewegen wollte. In den ersten beiden Instanzen war er damit gescheitert. Das Bundesverwaltungsgericht signalisierte heute großes Verständnis und verwies das Verfahren zurück an das OVG Nordrhein-Westfalen. Dieses habe nun zu prüfen, ob hinsichtlich der Verfehlungen des DIHK in der Öffentlichkeitsarbeit eine Wiederholungsgefahr bestehe. Wäre das zu bejahen, könne das IHK Mitglied den Austritt einer IHK aus dem Dachverband verlangen. Das Bundesverwaltungsgericht machte in der mündlichen Verhandlung heute deutlich, dass es nun am DIHK läge durch strukturelle Änderungen (Satzung) für eine Einhaltung der rechtlichen Begrenzungen und eines effektiven Rechtsschutzes der IHK-Mitglieder auch gegenüber dem DIHK zu sorgen.
Zu den Äußerungen des DIHK, die aus Sicht des Gerichtes außerhalb des Zulässigen liegen, gehören u.a. solche zum Hochwasserschutz, zur Bildungspolitik und zum Sozial- und Arbeitsrecht. Wiederholt wurde der DIHK dafür kritisiert, sich hier nicht an die gesetzlichen Regeln und insbesondere die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zu halten. Nun darf man gespannt sein, wie schnell man beim DIHK reagiert. Dass er noch nicht verstanden hat, was erlaubt ist und was nicht, beweist eine Veröffentlichung von vorgestern, in der ein "Brandbrief" an die Umweltministerin verbreitet wurde. Denn auch das stellte das Bundesverwaltungsgericht heute klar: das Gesetz erlaubt den Kammern und ergo auch ihrem Dachverband nur Stellungnahmen, die sich vor allem in "gutachterlicher Weise" an Politik und Behörden richtet. Für Zuspitzungen, die an die Presse adressiert sind, gibt das Gesetz nichts her. (BVerwG, 10 C 4.15)