Bundesverband für freie Kammern e.V. Unveränderte Diskursverweigerung der Kammern – ohne Druck keine Reformen

18.10.2018

Unveränderte Diskursverweigerung der Kammern – ohne Druck keine ReformenZum Selbstbild der Kammern gehört das Narrativ, dass die Kammerorganisation notwendige Reformen aus eigener Kraft – also ohne Einflussnahme von Politik, Rechtsprechung – umsetzt. Tatsächlich verschanzen sich die Kammern nach wie vor in ihrer Wagenburg. Wo immer es geht, lobbyieren sie gegen gesetzliche Bestimmungen (z.B. bei der Anwendbarkeit von Transparenzgesetzen in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz). Soweit die Gesetze und Satzungen es hergeben wird auch Binnentransparenz verweigert (die Rechnungsprüfungsberichte bleiben selbst gegenüber Vollversammlungsmitgliedern wahlweise geheim oder dürfen bestenfalls nur eingesehen werden). Und in der IHK Vollversammlung der IHK Stuttgart hat man den Haushaltsausschuss gleich zur „kritikfreien Zone“ erklärt, indem man den Kolleg*innen der Kaktus-Initiative, die immerhin rund ein Drittel der Vollversammlung stellt, gleich jedes Mitwirken verweigert hat.
Und dieser Verweigerung der Transparenz folgt seitens der Vertreter der IHK-Organisation die Vermeidung des Diskurs mit ihren Kritikern. Daran hat sich seit Jahren nichts geändert. Wer glaubt, dass solche Kuriositäten wie im Jahr 2010 als die Berliner Kammer-Präsidenten Schweitzer (IHK - heute auch Präsident des IHK-Dachverbandes DIHK) und Schwarz (HWK) nicht auf bffk-Geschäftsführer Boeddinghaus treffen wollten und der Sender tv.berlin dann in getrennte Sendungen einladen musste, der Vergangenheit angehören, der hat sich heftig getäuscht. Wenn es nicht vermeidbar ist – z.B. bei Anhörungen in Parlamenten oder Veranstaltungen von politischen Stiftungen – dann fügt man sich in den Kammern eben in das Unvermeidbare. Aber eben nur dann. Weil das Institut für Kammerrecht nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Kammerzwang IFK - DIHK - bffkEnde 2017  für seinen Kommentarband auch einen Beitrag von bffk-Geschäftsführer Boeddinghaus vorgesehen hatte, hat der IHK-Dachverband DIHK seine  Mitwirkung an diesem Werk zurückgezogen. Und die Handelskammer Hamburg musste auf die geplante Beteiligung hochrangiger IHK-Funktionäre bei einer Anhörung zu einer neuen Wahlordnung im September 2018 ebenfalls verzichten. Es gäbe Terminprobleme hieß es. Gleichzeitig wurde dem bffk mitgeteilt, dass diese IHK-Funktionäre auch in Zukunft immer dann Terminprobleme haben würden, wenn auch ein bffk-Vertreter an einer solchen Veranstaltung teilnehmen würde.

Es liegt nun nahe, diese offenkundige Diskursverweigerung als erbärmlich zu bezeichnen. Wichtiger ist allerdings, dass dies in hohem Maße bedauerlich ist, weil ein konstruktiver Reformprozess immer auch den Meinungsstreit braucht. Noch bedenklicher ist, dass sich die Rechtsaufsichten der Länder ebenfalls gegen jeden inhaltlichen Austausch entschieden haben. Während die Vertreter der Kammerorganisation aus IHKn und HWKn regelmäßig Gäste der Bund-Länder-Ausschüsse der Rechtsaufsichten sind und dort ihre Sicht der Dinge einbringen können, möchten sich die Bürokraten den Austausch mit dem bffk lieber ersparen. Andere Meinungen sind auch auf dieser Ebene nicht erwünscht. Zwischen 2010 und 2018 ist es dem bffk ganze zwei Mal gelungen (zuletzt im Oktober 2013 - i.d. R. treffen sich die Damen und Herren 2 Mal im Jahr), dort gehört zu werden.


So ist es kein Wunder, dass der Reformprozess in den Kammern nicht voran kommt. Noch immer erstickt er im selbstreferenziellen Diskurs der errichteten Wagenburg.