10.06.2024
Pflegekammer Baden-Württemberg gescheitert – Rückblick und Ausblick
Das monatelange Warten und Gezerre hat heute ein Ende gefunden. Der zuständige Gesundheitsminister Manne Lucha hat heute offiziell mitgeteilt, dass das gesetzlich bestimmte Quorum (60 Prozent) Zustimmung um 3.377 widerspruchsfreie Registrierungen verfehlt wurde. Mit der Verkündung des Ergebnisses und des Nichterreichens des Quorums findet der Errichtungsprozess einer Landespflegekammer nun sein Ende. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben wird der Gründungsausschuss aufgelöst, alle personenbezogenen Daten werden gelöscht.
Die Befürworter der Einrichtung der Zwangspflegekammer werden einmal mehr – nach der Abwicklung der bereits gegründeten Pflegekammern in Niedersachsen und Schleswig-Holstein - ihre Wunden lecken. Dabei wird dann auch wieder drauf verwiesen werden, dass die Entscheidung über die Gründung der Kammern keine sein dürfte, die die Pflegekräfte zu treffen hätten. Und natürlich werden wir hören, dass die Mehrheit die Kammer doch wollte, aber dass das Quorum zu hoch sei.
Hier ist anzumerken, dass es schon bemerkenswert ist, dass die Stimme der Pflege immer dann als entbehrlich erachtet wird, wenn von dieser Stimme Dinge zu hören sind, die die Pflegefunktionäre nicht hören wollen. Dass es in einer Demokratie nicht außergewöhnlich ist, dass für besonders bedeutsamen Entscheidungen eine einfache Mehrheit nicht ausreicht, gehört ebenfalls zum demokratischen Einmaleins. In einem internen Diskussionszirkel war heute zu lesen: „Vielleicht wäre es an der Zeit, mal inne zu halten und zu evaluieren, warum Pflegekammern so eine massives Desinteresse und Ablehnung erfahren.“ Das wäre in der Tat eine kluge Idee. Eine Perspektive hat ein solches Unterfangen indes nur dann, wenn tatsächlich eine offene Debatte angestrebt wird. Bislang – und das hat das Scheitern des Pflegekammerprojektes begünstigt – sind die Befürworter der Einrichtung von Zwangspflegekammern regelhaft dadurch aufgefallen, unbequeme Meinungen auszugrenzen, zu diskreditieren und/oder zu ignorieren. Das hat sich als keine überzeugende Werbung erwiesen.
Die Geschichte der Zwangspflegekammern in Deutschland dürfte damit ihr Ende erreicht haben. Nach dem erneuten Gründungsdesaster in Baden-Württemberg ist nicht ernsthaft zu erwarten, dass in einem anderen Bundesland jemand sich an einem erneuten Gründungsversuch die Finger politisch verbrennen wird. Für Bayern, Baden-Württemberg, das Saarland, Hessen, Niedersachsen, Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Berlin und Brandenburg hatte sich das ohnehin schon erledigt. Ob und ggf. wie lange die beiden existierenden Pflegekammern in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen Bestand haben, ist eher von sportlichem als von pflegepolitischem Interesse. Die Bedeutung und Wirksamkeit einer Bundespflegekammer mit gerade mal zwei Mitgliedern - der VdPB verweigern die Zwangskammern aus ideoligischen Gründen die Zusammenarbeit - ist mehr als begrenzt.
Wer sich immer noch für eine Pflegekammer interessiert, dem sei der Blick nach Bayern empfohlen. Denn dort existiert mit der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) genau eine solche Kammer als Körperschaft des Öffentlichen Rechts mit entsprechenden Aufgaben. Sie heißt einfach nur anders. Und diese Kammer erfährt tatsächlich kein massives Desinteresse und Ablehnung. Warum? Nun die Mitgliedschaft ist freiwillig und die Finanzierung erfolgt durch das Land Bayern.