Bundesverband für freie Kammern e.V. bffk-Kläger gegen IHKn Chemnitz, Nürnberg und Dortmund erfolgreich

21.05.2019

bffk-Kläger gegen IHKn Chemnitz, Nürnberg und Dortmund erfolgreichBundesweit betreut der bffk nach wie vor Hunderte von Widerspruchs- und Klageverfahren gegen Industrie- und Handelskammern, Handwerks- und Berufskammern. Was auf den ersten Blick viel klingt – die betroffenen Kammerfunktionäre sprechen auch gerne von einer „Klagewelle“, ist nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn tatsächlich haben die Kammern auch in diesem Jahr bundesweit Hunderttausende an rechtswidrigen Bescheiden verschickt. Rechtswidrig sind diese Bescheide dann, wenn die Beitragsveranlagung auf Wirtschaftsplänen beruht, die gegen das Kostendeckungsprinzip verstoßen – insbesondere, wenn eine rechtswidrige Vermögensbildung betrieben wurde. Als Faustregel kann gelten: Jede Beitragsveranlagung für Wirtschaftsjahre bis einschließlich 2016 war und ist - gerade wenn jetzt noch nachträglich abgerechnet wird – rechtswidrig.
Aber auch hinsichtlich späterer Wirtschaftsjahre waren vom bffk unterstütze Klagen erfolgreich.IHK Chemnitz
Das Verfahren gegen die IHK Chemnitz fand schon Mitte März 2019 statt. Im Streit standen die IHK-Beiträge für die Jahre 2013 und 2015. Noch im Gerichtssaal sah sich nach entsprechenden Hinweisen des Gerichts die IHK genötigt, den Beitragsbescheid hinsichtlich des Jahres 2013 aufzuheben. Der Streit hinsichtlich der Veranlagung um das Jahr 2015 wurde abgetrennt und im Hinblick auf eine anstehende erneute Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Ruhen gebracht.
Konsequenterweise dürfte nun die IHK Chemnitz keine Beitragsveranlagung für Wirtschaftsjahre bis 2013 einschließlich vornehmen. Im Wege berichtigter Abrechnungen z.B. nach Steuerprüfungen kann dies durchaus passieren. Es dürfen aber erhebliche Zweifel daran bestehen. Denn das Einlenken vor Gericht wurde auch diesmal „prozessökonomisch“ begründet. Das schamlose Abkassieren kann also weitergehen. IHK Nürnberg
Am 03. April 2019 verhandelte das Verwaltungsgericht Ansbach über die Millionen der IHK Nürnberg. Dieses Verfahren war schon deshalb besonders, weil das VG Ansbach zuvor vergleichbare – nicht vom bffk unterstützte Klagen – abgewiesen hatte. Der beklagte Bescheid umfasste diesmal die Jahre 2012 – 2014 sowie das Jahr 2016. Im Gegensatz zu früheren Verfahren hat das Verwaltungsgericht der IHK Nürnberg hinsichtlich der Jahre 2012 und 2013 „ein prozessuales Risiko nicht unerheblicher Natur“ signalisiert. Daraufhin hob die IHK den Bescheid hinsichtlich dieser Jahre noch im Gerichtssaal auf. Im Hinblick auf die frühere Rechtsprechung des VG Ansbach kann dies schon als Erfolg verbucht werden. In dem Verfahren war die Klägerin dann im Gegenzug bereit, die Klage hinsichtlich der Jahre 2014 und 2016 zurückzunehmen. Immerhin zog sich das Verfahren schon über mehr als 2 Jahre. Der bffk betreut aber weitere gegen die IHK Nürnberg anhängige Klagen, in denen auch diese Jahre erneut zur Sprache kommen werden.
Auch die IHK Nürnberg wird sich nun fragen lassen müssen, ob die Beitragsveranlagung für Beitragsjahre bis einschließlich 2013 nun ein Ende hat. Im Sinne von Beitragsgerechtigkeit und einem Verhalten, dass der Wahrung von Sitte und Anstand ehrbarer Kaufleute verpflichtet ist, wäre dies geboten.IHK Dortmund
Vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen kassierte heute die IHK Dortmund eine weitere Niederlage. Das Gericht zerpflückte die sogenannte Risikokalkulation der IHK nach allen Regeln der Kunst und gab der Klage statt. Bemerkenswert ist hier, dass es um eine Beitragsveranlagung für das Jahr 2017 ging. Die IHK hat sich bei der vermeintlichen Risikokalkulation des neuen „Risk-Tool“ des IHK-Dachverbandes bedient. Während die Verwaltungsgerichte in Mainz und Trier dieses neue Modell noch unkritisch bestätigt haben, ist das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen nun schon das zweite Gericht – nach dem VG Stuttgart, welches der bffk-Argumentation gefolgt ist und auch hier die Zulässigkeit der vermeintliche Risikokalkulation verneint hat.
Hinsichtlich der IHK Dortmund ist das heutige Urteil von besonderer Bedeutung. Denn gegen Beitragsveranlagungen dieser IHK sind Klagen schon seit Anfang der 2000er Jahre anhängig. Bisher haben die Gerichte hinsichtlich aller Wirtschaftsjahre die Zulässigkeit der Vermögensbildung der IHK in Frage gestellt,  so dass die IHK selbst kurz vor bereits anberaumten Terminen oder noch im Gerichtssaal die beklagten Bescheide aufgehoben hat. Kurz, die Funktionäre der IHK Dortmund  - der selbsternannten Spitzenorganisation der Wirtschaft - sind durchgängig seit mehr als 15 Jahren nicht in der Lage, rechtlich einwandfreie  Wirtschaftspläne aufzustellen. Man stelle sich vor, eine solche strukturelle Inkompetenz fände sich im öffentlichen Raum... .  Das Geschrei wäre riesengroß, es würde Rücktrittsforderungen und Rücktritte nur so hageln. In Kammerland jedoch geht das Leben ruhig weiter.

Zu dem ruhigen Leben gehört scheinbar auch in Dortmund, dass frühere Wirtschaftsjahre einfach weiter abgerechnet werden, weil man wie in allen anderen Kammerbezirken auf die Unwissenheit der Mitglieder vertraut. Oder vielleicht ab sofort doch nicht mehr? Denn nach Aussage des vorsitzenden Richters soll der Vertreter der IHK heute eingeräumt haben, dass sich die IHK der Rechtswidrigkeit der Wirtschaftspläne bis einschließlich des Jahres 2016 bewusst sei. Dies aber müsste eine sofortige Beendigung jeglicher Beitragsveranlagung hinsichtlich aller Wirtschaftsjahre bis 2016 einschließlich nach sich ziehen.

Nachtrag vom 29. Mai 2019

Nach Informationen des bffk hat das VG Gelsenkirchen mit Urteil vom 21. Mai 2019 auch einen Beitragsbescheid der IHK Dortmund - das Beitragsjahr 2018 betreffend - aufgehoben.