24.11.2022
Aus dem hoch bezahlten Leben eines Kammer-Hauptgeschäftsführers
Zu den Narrativen in Kammerland, dass es eine überdurchschnittliche Bezahlung braucht, um die Besten für die Arbeit in den Kammern zu gewinnen.
Landauf, landab attestieren die Landesrechnungshöfe den Kammern und ihren hauptamtlichen Funktionären dagegen seit jeher, dass es sich beim Anforderungsprofil um eine ganz normale Verwaltungstätigkeit handelt, die im Sinne der Einhaltung des Gebotes von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit entsprechend normal zu vergüten ist. Zuletzt ist dies im gerade veröffentlichten Jahresbericht des Landesrechnungshofes des Saarlandes zu lesen (Seite 226/227).
Tatsächlich fallen aber etliche Kammerfunktionäre vor allem mit einer ausgeprägten Qualifikation auf: Gier.
Der ehemalige Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg, für den er selbst und die Kammergremien eine Jahresbesoldung von brutto über 600.000 Euro als angemessen erachtet wurde, wollte dereinst selbst auf eher geringe zusätzliche Einkünfte in Höhe von 1.350,00 Euro nicht verzichten, die er aus einem mit seinem Amt als Hauptgeschäftsführer verbundenen Mandat erhielt. Alles meins, lautete die Devise.
Nun ist der ehemalige Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer des Saarlandes und amtierende Hauptgeschäftsführer der IHK Kassel-Marburg in den Fokus geraten. Nachdem der Landesrechnungshof dort seine Prüfung abgeschlossen und die Rechtsaufsicht informiert hat, wurde postwendend die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Ein höchst ungewöhnlicher Vorgang, der das Maß an Besorgnis, welches der Rechnungshofbericht hervorgerufen hat, unterstreicht. Nun gilt hier wie überall die Unschuldsvermutung und der bffk hat sich mit allen anderen in Geduld zu üben. Unabhängig von einer möglichen strafrechtlichen Relevanz offenbart der Bericht aber schonungslos, wes Geistes Kind die Kammerfunktionäre eben auch sind.....Raffzähne.
Hinsichtlich der Vergütung des ehemaligen HWK-Saarlands-Hauptgeschäftsführer vermerkt der Rechnungshof nüchtern:
"dass die im Jahr 2019 erzielten Gesamtvergütungen des Hauptgeschaftsfihrers (...) deutlich über den Referenzgehältern vergleichbarer, nach den besoldungsrechtlichen Vorgaben eingestufter Beamter lagen." (Bericht Seite 227)
Aber das reichte offenkundig nicht. Es musste noch ein
"mit nicht unerheblichem Aufwand ertüchtigtes, kammereigenes Dienstfahrzeug" (Bericht Seite 227)
her, das natürlich auch privat – und auch von Familienmitgliedern genutzt wurde. Auch das reichte nicht. Der offenbar reichlich aufgemöbelte Dienstwagen wechselte dann im Jahr 2015 den Besitzer. Die HWK Saarland verkaufte das Schmuckstück für sage und schreibe 1 Euro an ihren Hauptgeschäftsführer. Die HWK wäre keine Kammer, wenn es dafür nicht auch eine passable Ausrede geben würde. Der höchst ungewöhnliche Verkauf sei
"als Kompensation für nicht eingehaltene Vergütungszusage aufgrund des Wegfalls einer ursprünglich vorgesehenen Nebentätigkeit" (Bericht Seite 234)
zu sehen, so ist im Rechnungshofbericht zu lesen.
Wir fassen zusammen: der Hauptgeschäftsführer war nach Feststellungen des Rechnungshofes überbezahlt und – was Ausstattung und Privatnutzung anging – reichlichst mit einem Dienstwagen bedacht. Weil so etwas aber für eine einen Kammerfunktionär einfach nicht reicht, ward ihm noch eine Nebentätigkeit versprochen. Damit es mit der Amtsführung als HWK-Hauptgeschäftsführer nicht zu langweilig wird. Und damit es noch zusätzlich in der Kasse klingelt. Und als der kleine Nebendeal nicht klappte, wurde kreativ über einen Gebrauchtwagenhandel kompensiert.
Und natürlich hat auch der ehemalige HWK-Hauptgeschäftsführer, der nun in gleicher Funktion bei der IHK Kassel-Marburg mehr als Brötchen verdient, bereits ein Narrativ. An die Mitglieder der Vollversammlung in Kassel schreibt er zur Veröffentlichung des Rechnungshofberichtes heute drei Sätze (siehe Faksimile). Der für ihn wohl wichtigste lautet:
„Der heutige Hauptgeschäftsführer des Saarlandes, Bernd Reis, war jahrelang - so auch im Prüfungszeitraum - als stellvertretender Hauptgeschäftsführer sowie Haushaltsbeauftragter für den Bereich Finanzen, Zentrale Dienste und Beschaffungen zuständig.“
Will heißen: Schuld sind natürlich immer die anderen. Bleibt neben der Frage, ob das mit der Gier bei den Kammerfunktionären immer so sein muss, noch die, für welche Sorte Verantwortung dieser Herr eigentlich sein überzogenes Gehalt kassiert haben will,
Die erste Frage ist dabei zu beantworten: ja, es gibt Kammerführungen, die gut verdienen, denen aber Raffgier nicht vorgeworfen werden muss. Aber es gibt einfach immer noch zu viele von den Raffzähnen. Zum gesetzlichen Auftrag der IHKn gehört die "Wahrung von Anstand und Sitte der ehrbaren Kaufleute". Mit solchem Personal eine unlösbare Aufgabe.
Link zum Jahresbericht 2021 des Landesrechnungshofes des Saarlandes (ab Seite 225)