Bundesverband für freie Kammern e.V. Klare Worte des VG Lüneburg gegen Bilanzschwindel der IHKn

25.06.2024

Klare Worte des VG Lüneburg gegen Bilanzschwindel der IHKn

Bereits am 07. Mai 2024 hatte sich das VG Lüneburg entschieden und den Klagen von bffk-Mitgliedern gegen die Beitragsveranlagungen für die Jahre 2021 und 2022 stattgegeben. Nun wurden – begleitet von einer Pressemitteilung – die schriftlichen Begründungen zu den Urteilen zugestellt. 
Eine gerichtliche Feststellung dürfte, wenn sie Bestand behält, über die Einzelfälle hinaus erhebliche Bedeutung bekommen. Denn als Reaktion auf die bundesweiten Erfolge solcher Klagen – der bffk konnte mittlerweile Hunderte solcher Verfahren mit einem Beitragsvolumen im 7-stelligen Bereich zugunsten seiner Mitglieder erfolgreich abschließen – haben viele IHKn begonnen ihr Vermögen in den Bilanzen zu verstecken. Dazu wurde auf der Passivseite der Bilanz, wo früher im Eigenkapital eine differenzierte Darstellung der Rücklagenpositionen zu finden war, alle passivierten Eigenkapitalwerte in einer neuen Position „Sonstiges Eigenkapital“ zusammengefasst. Unterstützt wurde ein solches Vorgehen durch die Rechtsaufsichten der Länder, die sich dabei weniger als Aufsichten denn als Komplizen verhielten. Das VG Lüneburg hat dazu klare Worte gefunden. In der Pressemitteilung ist zu lesen:

„Die durch das neue Finanzstatut der IHK vorgenommene bilanzielle Darstellung des Eigenkapitals verstoße gegen die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung sowie gegen die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts und entspreche damit nicht mehr einer transparenten Bilanzführung.“

Die beklagte IHK Lüneburg-Wolfsburg, die gleichgelagerte Fälle bereits bis zum Bundesverwaltungsgericht verloren hatte, hat sich mit diesem Bilanzschwindel davor drücken wollen, die vom Bundesverwaltungsgericht festgestellte rechtswidrige Rücklagen- und Vermögensbildung wieder rückgängig zu machen. Statt die Millionen an die Mitglieder zu erstatten, wurde das Geld jetzt im „Sonstigen Eigenkapital“ versteckt. Beim VG Lüneburg liest sich das so:

„So habe die IHK noch in 2020 in Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Nettoposition „Festgesetztes Kapital“ auf den Wert aus der Eröffnungsbilanz zurückgeführt und die Ausgleichsrücklage abgeschmolzen. Die reduzierten Mittel habe sie jedoch in 2021 und 2022 ganz überwiegend wieder der Position „Sonstiges Eigenkapital“ zugeführt, ohne für diese einen bestimmten Verwendungszweck zu hinterlegen. Damit habe die IHK die faktisch weiter vorhandene Nettoposition „Festgesetztes Kapital“ ohne sachlichen Grund sogleich wieder erhöht, was grundsätzlich nicht zulässig sei.“

Es ist davon auszugehen, dass in der Angelegenheit das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, denn das VG Lüneburg hat die Berufung zugelassen. Da die Kammerfunktionäre das Prozesskostenrisiko nicht persönlich zu tragen haben und von einer Einsicht und einer positiven Fehlerkultur dort nichts zu spüren ist, muss davon ausgegangen werden, dass die IHK von der Möglichkeit auch Gebrauch macht. 

Von der IHK und der Rechtsaufsicht ist indes zu fordern, dass ab sofort für zukünftige Bescheide jedoch ein Vorbehaltsvermerk für diese Bescheide gelten muss. Sollten diese Urteile des VG Lüneburg rechtskräftig werden, muss dies – ohne dass jedes Mal IHK-Mitglieder neu klagen müssen – Auswirkungen auf zukünftige Bescheide haben. Tatsächlich hat dies die IHK Region Stuttgart vor einigen Jahren so praktiziert

 

Link zur Urteilsbegründung des VG Lüneburg (Urteil vom 07. Mai 2024 - 3 A 156/22)

Link zur Pressemitteilung des VG Lüneburg