18.11.2020
IHK Stuttgart gibt in allen Beitragsanfechtungen auf - Neufassung der Wirtschaftssatzungen ab 2012 geplant
Es wird wohl eine 3-stellige Zahl an Widerspruchs- und Klageverfahren sein, die Mitglieder des bffk seit Jahren gegen die Beitragsveranlagung der IHK Stuttgart auf den Weg gebracht haben. Die IHK hat sich dagegen mit allen - von den Zwangsbeiträgen finanzierten - Mitteln zur Wehr gesetzt. Es musste eine teure Anwaltskanzlei aus Berlin sein, weil die hauseigenen Juristen wohl mit der Rechtfertigung der Beitragsveranlagung überfordert waren. Und als auch die teuren Berliner Anwälte die Prozesse der IHK Stuttgart verloren, ging die IHK eben zum Verwaltungsgerichtshof. Für die IHK-Funktionäre kein Problem, denn das Geld, das das kostet, ist nicht das ihre.
Nachdem nun schon seit Monaten auf breiter Front Industrie- und Handelskammern fast flächendeckend anhängige Widerspruchs- und Klageverfahren durch Aufhebung der Bescheide abräumen, weil die Aussichten nach der erneuten kapitalen Niederlage der IHKn vor dem Bundesverwaltungsgericht für die bffk-Kläger bestens und für die IHKn dementsprechend schlecht waren.
Nun hat es auch die IHK Stuttgart begriffen und hebt die Bescheide, gegen die widersprochen und geklagt wurde auf. In Stuttgart werden nun die Scherben zusammengekehrt. Zu diesem Zusammenkehren gehört, dass nun reihenweise Beitragsbescheide aufgehoben und entsprechend Beiträge erstattet werden. Dazu gehört, dass die IHK eine Menge Gerichtskosten wird bezahlen müssen und natürlich auch ein letztes Mal die Berliner Anwälte fürstlich zu entlohnen sind. Traditionell gehört zum Aufräumen und Zusammenkehren aber nicht, dass irgendjemand in der IHK für das Desaster einer seit über 10 Jahre andauernden rechtswidrigen Haushaltsführung die Verantwortung übernimmt. Die Urteile der Verwaltungsgerichte werden von den IHKn - auch in Stuttgart - wie eine ungerechte Naturkatastrophe behandelt. Dass es seit Jahren ein ausführlich begründete Kritik an der Vermögensbildung gab, dass die IHK-Funktionäre seit Jahren (das erste Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes stammt aus dem Jahr 2015) eine rote Ampel nach der anderen überfahren hat... alles egal. Eigentlich sind Gerichte und Kammerkritiker schuld. (Über das kapitale und ebenso uneinsichtige Versagen der Rechtsaufsicht im Wirtschaftsministerium soll hier gar nicht geredet werden.)
Erfreulich ist dieses Ende auf jeden Fall für alle bffk-Mitglieder, die ihrem Verband vertraut haben und den Mut zu Widersprüchen und Klagen aufgebracht haben. Gespannt dürfen wir sein, wie die IHK Stuttgart nun Beitragsgerechtigkeit gegenüber all den IHK-Mitgliedern herstellen will, die all die Jahre ihre Beitragsbescheide im Vertrauen auf ein rechtlich korrektes Handeln der IHK bezahlt haben.
Große Aufmerksamkeit und Vorsicht ist zudem hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise der IHK gegenüber den "normalen" IHK-Mitgliedern angebracht. Denn die IHK hat seit dem Jahr 2019 ihre Bescheide mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen. Die Frage ist also, ob von der Aufhebung der Bescheide tatsächlich alle Mitglieder profitieren. Für die Vollversammlung der IHK am 03. Dezember 2020 ist eine Neufassung der Wirtschaftssatzungen seit 2012 vorgesehen. Ob die IHK es mit dem Aufräumen also ehrlich meint oder versuchen wird, wie so viele andere IHKn durch die Hintertüre weiter abzukassieren, wird sich erst noch beweisen müssen.