Bundesverband für freie Kammern e.V. Sittenwidrige Geschäfte eines Kammerpräsidenten – der Fall Hans-Peter Wollseifer

30.08.2024

Sittenwidrige Geschäfte eines Kammerpräsidenten – der Fall Hans-Peter Wollseifer

Spitzenfunktionäre der Kammern werden als gesellschaftliche Elite wahrgenommen und sehen sich oftmals auch selbst so. Ganz sicher kann und darf vom Spitzenpersonal ein Vorbildcharakter verlangt werden. Dies gilt insbesondere für die Wirtschaftskammern – die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern. Denn es sind insbesondere diese Kammern, die sich lautstark und intensiv in die (wirtschafts-)politische Debatten einmischen, staatliche Institutionen kritisieren und für sich selbst effizienteres und wirtschaftlicheres Handeln und ein Mehr an entsprechender Kompetenz reklamieren. 
Tatsächlich stimmt dieses Selbstbild mit der Realität eher selten überein. Das gilt strukturell, wenn Kammern sich kritisch an der Erhebung der Gewerbesteuer abarbeiten. Dabei wird Gewerbesteuer nur fällig, wenn auch Gewinne erwirtschaftet werden. Kammerbeiträge werden indes so oder so erhoben. Selbst dann noch, wenn sogar Verluste anfallen. Genauso strukturell unglaubwürdig sind die Kammern, wenn sie nachdrücklich eine Harmonisierung von Steuern und Abgaben verlangen, sich aber die 79 Industrie- und Handelskammern und die 53 Handwerkskammern  im Hinblick auf die Systematik und die Höhe der Beitragserhebung in bester Kleinstaaterei einen Flickenteppich an Beitragsmodellen erlauben.

So wenig die Kammern als Organisationen als Vorbild taugen, so wenig überzeugt oftmals ihr Spitzenpersonal. Es gab den IHK-Hauptgeschäftsführer in Koblenz, der wegen Untreue zu einer Geldstrafe von 37.500 Euro verurteilt wurde. Es gibt den IHK-Hauptgeschäftsführer in Kassel, bei dem die Staatsanwaltschaft in Sachen Untreue und Steuerhinterziehung ermittelt. Es gibt den IHK-Präsidenten in München, dessen tatsächliche oder vermeintliche Mitverantwortung am Niedergang eines prominenten bayrischen Konzerns die Frage aufwirft, ob er der Richtige an der Spitze einer der größten Kammern in Deutschland ist.
Und es gibt den Fall Hans-Peter Wollseifer – seit 2010 bis heute Präsident der Handwerkskammer in Köln. Von 2014 bis 2022 war Wollseifer zudem in Personalunion auch Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks (ZDH) und des Deutschen Handwerkskammertages (DHKT). Damit war Wollseifer Deutschlands höchster Handwerksfunktionär. Die Liste seiner weiteren Mandate und Ehrenämter war und ist – je nach Sichtweise – imposant oder verstörend lang. Und anders als Wollseifer und viele andere Kammerfunktionäre glauben machen wollen, gibt es für etliche dieser „Ehrenämter“ richtig Geld. Nach einer aktuellen Entscheidung des Landgerichtes Köln, darf ausdrücklich berichtet werden, dass Wollseifer in den Jahren seiner Tätigkeit als ZDH-Präsident jährliche Aufwandsentschädigungen und Einnahmen aus den diversen Mandaten und Ämtern im 6-stelligen Bereich erhielt. Hans-Peter Wollseifer kommuniziert zwar all diese Mandate. Beim Geld aber hört die Transparenz auf.

Voraussetzung für die Kammerpräsidentschaft in Köln und an der Spitze des ZDH war die handwerklich-unternehmerische Tätigkeit von Wollseifer im Bezirk der Handwerkskammer Köln. Insgesamt acht unterschiedliche laufende bzw. beendete unternehmerische Aktivitäten des Kölner Handwerkspräsidenten werden aufgelistet.  Als eine der Firmen, die AST-Altbausanierungstechnik GmbH  (vormals Wollseifer GmbH Bausanierung), im Jahr 2013 in die Insolvenz ging, war Hans-Peter Wollseifer, der die von der Familie im Jahr 1907 gegründete Firma im Jahr 1977 von seinem Vater übernommen hatte, allerdings schon nicht mehr beteiligt. Eine mehr als aktive Rolle aber spielt und spielte Kammerpräsident Wollseifer im Zusammenhang mit der FACILITY Rhein-Erft GmbH. Gegründet wurde diese Firma im Jahr 2004 mit Wollseifer als geschäftsführendem Gesellschafter. Gegenstand des Unternehmens war der Erwerb und die Verwaltung von Grundbesitz. Im November 2010 wechselten dann 94 Prozent der Firma den Besitzer. Die restlichen 6 Prozent verblieben ohne Stimmrecht und Gewinnbezugsrecht bei den Alt-Gesellschaftern, zu denen auch Wollseifer gehörte, um den Anfall von Grunderwerbssteuer zu vermeiden. Hier soll nicht darüber moralisiert werden, ob eine solche Praxis im Sinne eines Vorbildcharakters eines Kammerpräsidenten würdig ist. Dazu ist dieses Vorgehen viel zu sehr verbreitet. 
Anders stellt sich indes hinsichtlich des weiteren – nach den Feststellungen des Oberlandesgerichtes Köln – illegalen, weil sittenwidrigen Handelns des Gesellschafter-Trios um Kammerpräsident Wollseifer beim Verkauf der Firma dar. Dabei erkannte das Gericht in seiner rechtskräftigen Entscheidung ausdrücklich eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Käufers durch Wollseifer und seine Partner, . Mit rechtskräftigem Urteil vom 29. Oktober 2015, das erst jetzt öffentlich wurde, wurden Wollseifer und seine Mittäter verurteilt, an den Käufer der Geschäftsanteile 3.000.000,00 EUR zzgl. Zinsen zu zahlen und dafür die veräußerten Geschäftsanteile zurückzunehmen. Die Rückabwicklung des Kaufvertrages wurde dann mit notariellem Vertrag im März 2016 vollzogen. Seitdem ist Hans-Peter Wollseifer also wieder als Prokurist in der FACILITY Rhein-Erft GmbH. An seiner Seite sein Geschäftspartner und als geschäftsführendem Gesellschafter verantwortlich Frank Wilkening, der praktischerweise auch als Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses der Handwerkskammer Köln tätig war und damit auch verantwortlich für die Prüfung von Hans-Peter Wollseifers Umgang mit den ihm anvertrauten Mitgliedsbeiträgen. 
An dieser Stelle soll es aber um den – wohl eher im negativen Sinne – Vorbildcharakter eines Kammerfunktionärs vom Schlage Wollseifers gehen. Daher sollen hier einige wesentliche Feststellungen im Urteil des Oberlandesgerichtes Köln zum Handeln von Wollseifer und seinen Mittätern wiedergegeben werden. Im Urteil ist u.a. zu lesen:

„Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nach Gesamtwürdigung des Vortrags der Parteien und der erhobenen Beweismittel zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beklagten (Wollseifer & Co) die Klägerin (den geprellten Geschäftspartner) im Sinne von § 826 BGB sittenwidrig vorsätzlich geschädigt haben,“

„Sittenwidrigkeit bedeutet, dass das fragliche Verhalten „gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstößt (…). Vielmehr muss sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben (…). Sittenwidrig sind danach etwa Schmiergeldabreden, d.h. Zuwendungen an Organe, sonstige gesetzliche Vertreter oder Angestellte, um eine Bevorzugung beim Abschluss von Verträgen zu erhalten. Derartige Abreden verstoßen gegen die einfachsten und grundlegenden Regeln des geschäftlichen Anstandes und kaufmännischer guter Sitten. Das Anstößige eines solchen Verhaltens liegt darin, dass der Verhandlungsführer einen Teil der Gegenleistung, zu der der Vertragspartner bereit ist, seinem Geschäftsherrn entzieht und in die eigene Tasche lenkt (…).“

„Nach diesen Grundsätzen erweist sich die Provisionsabsprache als sittenwidrig“

Und genau darum ging es in dem Rechtsstreit. Wollseifer und seine Partner hatten sehenden Auges ohne Kenntnis ihres Geschäftspartners eine Verkaufsprovision gezahlt, die mittelbar einem Menschen zukam, der gleichzeitig auf der Seite des Käufers tätig war, und dort als

„bestellter oder jedenfalls zukünftiger Geschäftsführer der Klägerin keine Provision im Zusammenhang mit seiner Organtätigkeit annehmen durfte“

Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts war all dies ausdrücklich eben auch kein „Betriebsunfall“ bei dem aus einem technischen Versehen, unkorrekt und/oder missverständlich abgerechnet wurde. 
Wer das rechtskräftige Urteil des Oberlandesgerichtes Köln liest, kann kein Zweifel daran haben, dass Wollseifer und seine Mittäter sich reichlich Mühe gaben, ihr vorsätzlich rechtswidriges Handeln zum Schaden ihres Geschäftspartners zu vertuschen und zu bemänteln. Das Gericht aber hat präzise herausgearbeitet, dass und warum das Trio nicht glaubwürdig ist und gemeinschaftlich die Grundsätze von Sitte und Anstand ehrlicher Kaufleute mit Füßen getreten hat.

Und da steht er nun immer noch als Präsident an der Spitze der Handwerkskammer Köln, die unter seiner Führung und Verantwortung aktuell selbst reichlich Skandale produziert. Hans-Peter Wollseifer, ein Mann, dem ein Gericht rechtskräftig ins Stammbuch geschrieben hat, dass er gemeinschaftlich vorsätzlich sittenwidrig zum erheblichen Schaden eines in dem Fall arglosen Geschäftspartners gehandelt hat. 

(Anmerkung: Der bffk hat Hans-Peter Wollseifer die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Herr Wollseifer hat es vorgezogen, nicht zu antworten.)

 

Link zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln